Ntcheu

2014 im Flugzeug
Als wir das erste Mal nach Afrika flogen, lernten wir Karin aus Kumhausen (bei München) im Flugzeug kennen. Sie war auf dem Weg nach Malawi und wollte herausfinden, ob sie in einem der vielen Kinderheime gebraucht wird und für längere Zeit da bleiben sollte. Das ist jetzt 3 Jahre her. Inzwischen hat sie ihre Wohnung in Deutschland gekündigt und wird ihre Arbeit in Afrika, Ncheu, in einem Kinderheim fortsetzen. Sie hat eine Babystation aufgebaut und einen prächtigen Gemüsegarten angelegt. Außer dem Gemüse für die Kinder, will sie noch Kräuter für Tinkturen zur Behandlung von Krankheiten züchten. Wir waren natürlich sehr gespannt, sie einmal zu besuchen, und wollten von ihren Erfahrungen lernen. Deshalb beschlossen wir bei einem unserer nächsten Afrikabesuch, ihr einen Besuch abzustatten.

 

2016 im Kinderheim Ntcheu
Ein Malawier reist selten weiter als bis zur nächst gelegenen Stadt. So nahmen wir in der zweiten Woche unseres Aufenthaltes Ernest und Jylos mit auf Exkursion. In Ntcheu steht ein Kirchliches Waisenhaus (unterstützt von To-All-Nations e.V.), dass seit 10 Jahren von deutschen Missionaren aufgebaut wird. Dieser Ausflug sollte uns allen neue Anreize für unser Waisenhaus in Zomba geben, was, wie sich später auch heraus stellte, ohne Zweifel glückte.
Hinter den Toren der kleinen Gemeinde begrüßt uns Anatol. Wir Beginnen einen Rundgang, der uns in Staunen versetzt. Leider war Karin nicht da, aber sie hat alles für unseren Rundgang organisiert. Auf einer kleinen Farm im hinteren Bereich des Anwesens gibt es Kühe und Schweine. Die Kühe werden gemolken, Käse wird hergestellt. Fleisch, das übrig bleibt, wird an Einheimische verkauft. Von der Farm geht es weiter vorbei an der Bäckerei, wo ein wohlbekannter Duft von frischen Brötchen die Luft durchströmt. Der Strom zieht bis in die Näherei. Dort sind 5 Tische mit kleinen elektrischen Nähmaschinen bestückt. Eine ältere deutsche Frau arbeitet hier freiwillig und bringt den jungen Frauen das Flicken und Schneidern bei. Im Gegenzug lernt sie Englisch von den Frauen. Die Küche ist draußen, es gibt Gaskocher um Holz zu sparen. In den Kochtöpfen brodelt der Nsima, das frische Fleisch wird von den Köchen in Stücke zerfetzt. Ernest ist begeistert, das kochen mit Gas ist ihm neu. Er kennt es nicht anders als über einem Feuer Essen zu erhitzen. Doch das Brennholz in Malawi wird knapp und es ist an der Zeit, über Alternativen nachzudenken. Unser Rundgang geht weiter, vorbei an der Bibliothek, dem Garten, der Maisplantage, einem kleinem Hospital, der Tischlerei und zum Schluss an den Schulgebäuden. Alles ist sehr sauber und freundlich. Die Schüler tragen Uniform, die Klassen sind überschaulich. Eine große Besonderheit, da die Klassenräume der staatlichen Schulen meist mit 200 Schülern überfüllt sind. Es wird schnell klar, diese Mission ist ein kleines Paradies. Geld wird durch Spenden und der riesigen Tischlerei gesammelt. Regenwasser wird eingefangen. Im hohen Gras gibt es Platz zum spielen und Insekten zu fangen. Ich sehe, wie reich die Menschen hier sind und beneide sie dafür. Reich an Freiheit, Schöpfungswahn, gesunder Arbeit und Freunden. Vielen Dank Anatol für diesen tollen Rundgang!

Auf der Rückfahrt nach Zomba ist Ernest, der Leiter unseres Waisenhauses, unruhig. Sein Kopf sprudelt voller Ideen, er möchte sofort einen Garten anlegen, die Office aufräumen und eine Bücherei eröffnen. Am Tag darauf sehen wir, wie es vor dem Waisenhaus qualmt. Alte, wertlose Papiere werden verbrannt. Die Putzfrau fegt und poliert den Boden. Regale werden umgestellt, Platz für eine Bibliothek wird geschaffen. „Erkundung geglückt!!“ schreit Mom voller Freude.


Unsere Herausforderungen beim Bau des Schlafsaales

Wer hätte gedacht, dass ein so bürokratisches und auf der anderen Seite so unbedarftes System einmal herzhaft über einander lachen? In der kleinen Office von Ernest PondePonde, mitten in dem saftigen Grün der afrikansichen Stadt Zomba, sitzen wir einander mit breitem Grinsen gegenüber. Auf dem staubigen Tisch liegt ein Stapel Quittungen. Hin und her geht die Diskussion über Kosten der Materialien, die ein einfaches Ziegelhaus im Dorf benötigt. Elf Haufen Sand für 165 000 Malawi Kwacha, steht auf einem der dünnen Zettel. „Wie jetzt, elf Haufen? fragt Mom. „Wie sollen wir das dem Steuerbüro erklären?“ Fragend schauen wir Ernest an und dieser zuckt mit den Schultern. Hier wird gekauft was in den Transporter passt. Wir haben keine Waage oder Messgeräte. Nun gut, es wird nach Augenmaß gewirtschaftet, Deutschland muss wohl ein Auge zudrücken. Weitere Quittungen schieben wir über den Tisch, auffällig hoch sind die Transportkosten für Ziegel und Zement. Ich spule zurück, laufe unsere Fahrt zum Waisenhaus noch einmal in Gedanken ab. Rechts abbiegen bei 3 Miles, dass erste Stück Teerstraße führt durch einen engen Straßenmarkt. Fahrräder rollen rechts und links über den Asphalt, Papaya kullern über die Straße und Kinder rennen mit Wassereimern zu ihren kleinen Ständen. Die Teerstraße nimmt ein Ende, weiter geht es auf unbefestigtem Weg, im Zick Zack vorbei an Lehmhütten. Man muss aufpassen das die Reifen nicht platzen und das Auto nicht aufsetzt. Der Weg wird enger und kippt seitlich ab. Wieder kommt ein Markt, dann eine Brücke die man sich mit Fußgängern und Radlern teilt. Maßarbeit ist bedeutend für eine sichere Überquerung des kleinen Flusses. Weiter holpern wir im Slalom durch das Dorf und erreichen nach 20 min das Waisenhaus. Ich bin wieder im Office und Blicke Ernest mit großen Augen an. Mir ist nun klar warum ein Transport berechtigt nur für viel Geld hier her fährt. Auch deswegen hat die Stadt für das Dorf noch kein Müllentsorgungssystem entwickelt.

Wie dem auch sei, jetzt stehen zumindest schon das Fundament und der Rohbau des Schlafsaales. „Oh, aber was ist mit den Fenstern? Da fehlen ja die Sturze!“ stellt Mutter staunend fest. Sie lehnt sich über die warmen roten Ziegel und blickt nach oben. Zement bröselt über unsere Kopf während wir die leichte Krümmung der Fensterrahmen mustern. Wir rufen Ernest und seinen Bruder, der die Bauüberwachung macht. Nein nein, das hält schon, sagen sie uns, aber wir schütteln den Kopf. Um Gottes Willen, die Fensterstürze biegen sich durch und dann kommt noch das Gewicht vom Dach drauf. Auf geht es in die Stadt Ideen sammeln. Wir schauen uns ein paar andere Baustellen an. Passendes Holz für die Fensterstürze ist zu teuer oder es gibt es in den Abmessungen wie wir sie benötigen nicht. Das Holz wird zum Feuern verwendet und die Wälder werden dafür abgeholzt. Aus Deutschland kommt die Skizze wie stark und wie groß ein betonierter Sturz mit Bewährungseisen sein muss. Wir sprechen mit dem Bauleiter und wollen es so umsetzen.